Die Schlacht um Verdun


Die Schlacht um Verdun war eine der bedeutendsten Schlachten des Ersten Weltkrieges an der Westfront zwischen Deutschland und Frankreich. 

 

Sie begann am 21. Februar 1916 mit einem Angriff deutscher Truppen auf die französische Stadt Verdun und ihre Befestigungen und endete am 19. Dezember 1916 ohne wesentliche Verschiebung des Frontverlaufs.  

 

Vorgeschichte

 

Nach dem »Deutsch-Französischen Krieg« von 1870/71 ging man in Frankreich dazu über, die Grenze zum Deutschen Reich durch die Errichtung damals zeitgemäßer Befestigungsanlagen (Barrière de fer → Eisensperren) zu sichern. Dies geschah trotz der Überzeugung, einen Sieg in einem möglichen bewaffneten Konflikt nur durch einen Infanterievormarsch erringen zu können.

 

Zu diesem Zweck wurden mehrere ostfranzösische Städte mit einem Ring aus Forts umgeben, darunter auch das an der Maas gelegene Verdun.

 

Verdun galt vor allem als Ersatz für das verloren gegangene Metz, dessen alte Befestigungen durch das Kaiserreich stark ausgebaut wurden. 

 

Fort Douaumont Anfang 1916
Fort Douaumont Anfang 1916

Bei Kriegsbeginn 1914 gab es über 40 Befestigungen in und um Verdun, darunter 20 Forts und Zwischenwerke (sog. »ouvrages«), welche mit Maschinengewehr-Stellungen, gepanzerten Beobachtungs- und Geschütztürmen sowie Kasematten bestückt waren.

 

Verdun gehörte somit zu den bestbefestigten Standorten. Ein weiterer Grund für den besonders starken Ausbau der Festung Verdun war die auch für die damaligen Verkehrsmittel geringe Entfernung von 250 km bis Paris wie auch die Lage an einer Hauptstraße.

 

Bereits vom 22. bis 25. September 1914 war es vor Verdun zu Kämpfen gekommen, die den deutschen Vormarsch im Maas-Gebiet beendet hatten.

 

Doch schon wenige Monate nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges erstarrte die Front im November 1914 in Westbelgien und Nordfrankreich. Beide Kriegsparteien errichteten ein komplexes System aus Schützengräben, das von der Nordseeküste bis zur Schweiz reichte.

 

Der massive Einsatz von Maschinengewehren, schweren Geschützen und ausgedehnten Stacheldraht-hindernissen begünstigte eine defensive Kriegsführung, was zum verlustreichen Scheitern sämtlicher Offensiven führte, ohne dass die Angreifer dabei nennenswerte Geländegewinne erzielen konnten. 

 

Von rechts nach links: Erich von Falkenhayn, Kronprinz Boris, Hans von Seeckt, Gerhard Tappen, Oberst Gantschew, General Nikola Schekow, unbekannt, August von Mackensen in Paraćin am 6. November 1915
Von rechts nach links: Erich von Falkenhayn, Kronprinz Boris, Hans von Seeckt, Gerhard Tappen, Oberst Gantschew, General Nikola Schekow, unbekannt, August von Mackensen in Paraćin am 6. November 1915

Im Februar 1915 versuchte man auf alliierter Seite erstmals, die gegnerischen Stellungen durch stundenlanges Geschützfeuer zu zerstören, um danach einen Durchbruch erzielen zu können.

 

Die deutschen Gegner wurden jedoch durch das Trommelfeuer vor einem bevorstehenden Angriff gewarnt und stellten Reserven bereit.

 

Zudem entstanden durch die explodierten Geschosse zahlreiche Granattrichter, welche den Vormarsch der angreifenden Soldaten erschwerten. Die alliierten Offensiven in der Champagne und im Artois mussten deshalb wegen hoher Verluste abgebrochen werden.

 

Nach der Marneschlacht und dem sich immer länger hinziehenden Stellungskrieg hatte die deutsche Oberste Heeresleitung (OHL) erkannt, dass ihr angesichts der sich immer deutlicher abzeichnenden quantitativen Überlegenheit der »Entente« die Möglichkeit zur strategischen Initiative allmählich zu entgleiten drohte. 

 

                

Die deutsche Strategie – »Operation Gericht«

 

General Erich von Falkenhayn, Bundesarchiv Bild Nr. 146-2004-0023
General Erich von Falkenhayn, Bundesarchiv Bild Nr. 146-2004-0023

Im Winter 1915 begann die Oberste Heeresleitung unter Erich von Falkenhayn mit der Planung einer Offensive für das kommende Jahr. Es wurden alle strategisch möglichen und Gewinn versprechenden Frontabschnitte diskutiert.

Die OHL kam zu der Überzeugung, dass Großbritannien aus dem Krieg getrieben werden musste, da es durch seine exponierte maritime Lage und durch seine industrielle Leistungsfähigkeit der Motor der Entente war.

 

Der Generalstabschef des deutschen Heeres, Erich von Falkenhayn, wollte Frankreich mit einem entscheidenden Großangriff schlagen. Unter anderem sollte dadurch das auf französischem Boden kämpfende britische Expeditionskorps dazu gebracht werden, von seinen Bündnisverpflichtungen abzufallen.

 

Als Ziel der Offensive wählte man die Festung Verdun. Die Stadt hat eine lange Geschichte als Bollwerk. Verdun hatte daher vor allem für die französische Bevölkerung große symbolische Bedeutung. Der militärstrategische Wert war weniger bedeutend. In der ersten Kriegszeit galt Verdun als untergeordnete französische Festung.

 

Die Oberste Heeresleitung Deutschlands plante den Frontbogen anzugreifen, welcher sich um die Stadt Verdun und den vorgelagerten Festungsgürtel legte. Die Einnahme der Stadt Verdun selbst war nicht das Ziel der Operation.

 

Vielmehr sollte die französische Armee sollte gezwungen werden, einen Großteil ihres Heeres an dieser Front einzusetzen, um diesen Ort von nationaler Bedeutung zu verteidigen.

 

Falkenhayn meinte, Frankreich könne aus Gründen des nationalen Prestiges dazu bewogen werden, zur Verteidigung Verduns nicht vertretbare Verluste in Kauf zu nehmen. 

 

Fort Douaumont Ende 1916
Fort Douaumont Ende 1916

Dies würde letztlich den deutschen Sieg an der Westfront zur Folge haben. Die Aktion trug den Decknamen Operation Gericht. Das Oberkommando der 5. Armee wurde mit der Durchführung der Operation beauftragt.

 

Die Schlacht markiert den Beginn der großen Materialschlachten des Ersten Weltkrieges. 

 

Niemals zuvor war die Industrialisierung des Krieges so deutlich geworden. Dabei sorgte das französische System der »Noria« (auch »Paternoster« genannt) für einen regelmäßigen Austausch der Truppen nach einem Rotationsprinzip.

 

Dies trug maßgeblich zum Abwehrerfolg bei und war ein wesentlicher Faktor in der Etablierung Verduns als symbolischer Erinnerungsort für ganz Frankreich.

 

Die deutsche Führung nahm hingegen an, die französische Seite sei zur Ablösung der Truppen wegen übergroßer Verluste gezwungen. 

 

Falkenhayn beschrieb dies als vermeintliches »Weißbluten des Gegners«. In der deutschen Erinnerungskultur wurde Verdun zu einem Begriff, der mit einem Gefühl der Bitterkeit und dem Eindruck, verheizt worden zu sein, verbunden war. 

 

Général Henri Philippe Pétain
Général Henri Philippe Pétain

Obwohl die im Juli 1916 begonnene »Schlacht an der Somme« mit deutlich höheren Verlusten verbunden war, wurden die monatelangen brutalen Kämpfe vor Verdun zum deutsch-französischen Symbol für die tragische Ergebnislosigkeit des Stellungskriegs.

 

Verdun gilt heute als Mahnmal gegen kriegerische Handlungen und dient der gemeinsamen Erinnerung und vor der Welt als Zeichen der geglückten deutsch-französischen Aussöhnung.

                   

 

Übersicht:

Schlacht um Verdun  (Teil von: Erster Weltkrieg) 

 

  Datum

   21. Februar 1916 bis 19. Dezember 1916

  Ort

   Festungsring von Verdun, Frankreich

  Ausgang      

   Französischer taktischer Sieg 

 
   

   Konfliktparteien

 

   Frankreich

   Deutsches Reich

   Befehlshaber

 

   Joseph Joffre,
   Henri Philippe Pétain,
   Robert Nivelle

   Erich von Falkenhayn,
   Kronprinz Wilhelm,
   Schmidt von Knobelsdorf

   Truppenstärke

 

   insgesamt 75 Divisionen, 

   400 Geschütze (zu Beginn der

   Schlacht,  später ca. 1.300 Geschütze)

   insgesamt 50 Divisionen

   1.225 Geschütze

   Verluste

 

   ca. 377.000 Soldaten, 

   davon etwa 167.000 Gefallene 

   ca. 337.000 Soldaten, 

   davon etwa 150.000 Gefallene 

 
   
Schlachtplan
Schlachtplan

Das Schlachtfeld bei Verdun hatte sich aufgrund des massiven Einsatzes von Geschützen (Explosionskrater) auf engem Raum innerhalb weniger Wochen in eine Kraterlandschaft verwandelt. In der von Wäldern sind oftmals nur Baumstümpfe verblieben.

 

Zeitweilig wurden über 4.000 Geschütze in dem vergleichsweise kleinen Kampfgebiet ein-gesetzt. Durchschnittlich 10.000 Granaten und Minen gingen stündlich vor Verdun nieder und erzeugten eine ohrenbetäubende Geräuschkulisse.

 

Beim Explodieren schleuderten sie große Mengen Erde hoch, die zahlreiche Soldaten bei lebendigem Leibe begruben. Nicht alle konnten rechtzeitig aus dem Erdreich befreit werden.

 

Aufgrund des allgegenwärtigen Feuers von Geschützen und Maschinengewehren mussten viele Tote und Verletzte im »Niemandsland« zwischen den Fronten liegen gelassen werden, weshalb insbesondere in den Sommermonaten ein schwerer Leichengestank über dem Schlachtfeld hing.

 

Zudem war es im permanenten Geschosshagel oftmals nicht möglich, die Frontsoldaten ausreichend mit Nachschub zu versorgen oder sie abzulösen. 

 

Bereits auf dem Weg zur vordersten Linie verloren zahlreiche Einheiten weit über die Hälfte ihrer Männer. Kaum ein Soldat, der vor Verdun eingesetzt wurde, überstand die Schlacht, ohne zumindest leicht verwundet worden zu sein.

 

Wegen des Einsatzes von Giftgranaten mussten die Soldaten häufig stundenlang ihre Gasmasken tragen und mehrere Tage ohne Nahrung auskommen. Der Durst trieb viele von ihnen dazu, verseuchtes Regenwasser aus Granattrichtern oder ihren Urin zu trinken. 

 

»Höhe 304« während einer Gefechtspause
»Höhe 304« während einer Gefechtspause

Sowohl den französischen als auch den deutschen Soldaten graute es vor dem Fronteinsatz bei Verdun. Das Schlachtfeld wurde von ihnen als »Blutpumpe«, »Knochenmühle« oder schlichtweg »die Hölle« bezeichnet.

 

Bei Regen glich das Kampfgebiet einem Schlammfeld, wodurch jede Truppenbewegung stark erschwert wurde. Jeder Weg wurde eingetieft, das ganze Gebiet war ein einziges Trichterfeld. 

 

General Konstantin Schmidt von Knobelsdorf
General Konstantin Schmidt von Knobelsdorf

Immer stärkere Pferdegespanne mussten eingesetzt werden, um ein einziges Geschütz bewegen zu können. Diese Gespanne erlitten unter dem Beschuss besonders hohe Verluste: Bis zu 7.000 Militärpferde sollen an einem einzigen Tag umgekommen sein.

 

Eine besondere Bedeutung kam den Forts vor Verdun zu, die den Truppen Schutz boten und zur Erstversorgung von Verwundeten genutzt wurden. Auch dort herrschten katastrophale hygienische Verhältnisse.

 

Den militärischen Führungen auf beiden Seiten war durchaus bewusst, was die Soldaten in der Schlacht zu erdulden hatten; sie zogen aber keine Konsequenzen. 

 

                

Die Toten

 

Relativ einfach ist die Angabe der Gesamtzahl der Soldaten, die vor Verdun gelegen haben: Zwischen 1914 und 1918 wurden insgesamt 105 deutsche und 88 französische Divisionen vor Verdun eingesetzt. 

 

Französische Kriegsgräberstätte am Beinhaus von Douaumont, Foto: Julian Nitzsche, CC-BY-SA 4.0
Französische Kriegsgräberstätte am Beinhaus von Douaumont, Foto: Julian Nitzsche, CC-BY-SA 4.0

Bei einer durchschnittlichen Divisionsstärke von 12.000 bis 15.000 Mann waren dies etwa 2,5 Millionen Soldaten.

 

Alleine auf deutscher Seite wurden fast 1.200.000 Mann durch die »Hölle von Verdun« geschickt; bei den Franzosen verhielt es sich ähnlich, allerdings wurden dort die Truppen schneller das schon erwähnte Rotationssystem abgelöst. Bei diesem System war jede Division nur drei Wochen am Stück bei Verdun eingesetzt (eine Woche erste Linie – eine Woche zweite Linie – eine Woche in Ruhe). 

 

Bajonettgraben
Bajonettgraben

Die genaue Zahl der bei Verdun Getöteten wird sich dagegen nie erschöpfend klären lassen, da die meist recht aktuell erstellten Verlustangaben in offiziellen Dokumenten nur eine grobe Orientierung bieten.

 

Nach Berechnungen des Historikers Niall Ferguson belief sich die Zahl der Toten während der Kriegshandlungen auf etwa 6000 pro Tag und die Zahl der Getöteten insgesamt auf etwa 350.000 Menschen (diverse offizielle französische und englische, wie auch deutsche Stellen). 

Kriegsdenkmal Verdun, Foto: Schreibkraft
Kriegsdenkmal Verdun, Foto: Schreibkraft

Entgegen den Erwartungen von Falkenhayns waren die Verluste auf französischer Seite nur geringfügig höher als auf deutscher. Die französische Armee wurde durch die Schlacht um Verdun stark geschwächt, doch stellte sich die Situation auf deutscher Seite ähnlich dar.

 

Sowohl die »Somme-Schlacht« als auch die »Schlacht um Verdun« offenbarten einen sehr bedenkenlosen Umgang vieler militärischer Befehlshaber mit dem Leben ihrer Soldaten. Nicht die Minimierung von eigenen Verlusten, sondern der Verbrauch gegnerischer Ressourcen trat in den Vordergrund.

 

Allein auf deutscher Seite wurden 1.350.000 Tonnen Granaten innerhalb der dreißig Hauptkampfwochen verfeuert. Etwa 50 Tonnen Stahlsplitter liegen heute noch auf jedem Hektar des Schlachtfeldes (dies entspricht 5 kg pro Quadratmeter).

 

            

Das Schlachtfeld heute

 

Auf dem umkämpften Gebiet explodierten etwa 50 Millionen Artilleriegranaten und Wurfminen. Die Landschaft wurde mehrfach durchpflügt, wovon sie sich bis heute nicht vollständig erholt hat. Nach wie vor befinden sich zahlreiche Blindgänger, Gewehre, Helme, Ausrüstungsstücke und menschliche Knochen im Erdreich des Schlachtfelds.  

 

Die ehemals umkämpften Forts und Zwischenwerke wie »Douaumont« und »Vaux« wurden schwer beschädigt, können jedoch besichtigt werden.

Siegerdenkmal, Foto: Sven Volkens
Siegerdenkmal, Foto: Sven Volkens

Im Umland von Verdun befinden sich zahlreiche Friedhöfe und Beinhäuser.

 

Im »Beinhaus von Douaumont« werden die Gebeine von etwa 130.000 nicht identifizierten deutschen und französischen Soldaten verwahrt. 

 

Bei Fleury befindet sich das »Mémorial de Verdun«, ein Museum, in dem damals verwendetes Kriegsgerät, Waffen, Uniformen, Bodenfunde, Fotos usw. ausgestellt werden. Außerdem kann eine Filmvorführung besucht werden.